Wo der Mainfränkische Expressionismus eine Heimat hat

Austellung "Painting 3.0 Malerei im Menschenzeitalter": Der Inhaber der Galerie "Komma und Paul" in der Neutorstraße, Steven van Heeck (links) und Ausstellungsbeiträger Sieghart Böhme.
Foto: Joachim Fildhaut

Wenn die Galerie "Komma und Paul" in der Neutorstraße Kunstgeschichte treibt

 

von JOACHIM FILDHAUT, Mainpost, Würzburg, 12.06.2020

Würzburg Der gebürtige Würzburger Künstler Hans-Peter Porzner lud in den 1990er Jahren zu Ausstellungen im Museum für Moderne Kunst München ein, mit Kartenmotiven von Vermeer, Goya und anderen. Für großformatige Annoncen zugunsten dieser imaginären Ausstellungen in einem real nicht existierenden "MfMK München" zahlten Mäzene Zigtausende in angesehenen Kunstmagazinen – Geld, das Porzner dem Kunstmarkt entzog. Diese finanzielle Transaktion war Teil seiner Kunstmarkt-Kunst, mit der er die angesehensten Documenta-Teilnehmer bisweilen arg erzürnte.

Die gegenwärtigen Aktivitäten des Münchner Akademie-Absolventen in seiner Heimatstadt wirken wie ein Komplementärstück zu den lediglich gedachten Ausstellungen in München. Statt des MfMK München, Außenstelle Würzburg, eröffnete in der Kalenderwoche 24 in der hiesigen Neutorstraße die Galerie "Komma und Paul" nach der Corona-Pause erneut ihre Ausstellung "Painting 3.0 Malerei im Menschenzeitalter", die nach der gut besuchten Vernissage wegen der Pandemie sofort schließen musste.

In der Pause entstand ein erschütterndes zusätzliches Kunstwerk, das Quarantäne-Tagebuch von Matthias Flury, das nun die Ausstellung wesentlich bereichert. Hier reagierte sich in Buntstift-Zeichnungen ein Mensch ab, dem das Virus sichtlich den Boden unter den Füßen weggezogen hatte. Der Betrachter kann sich freilich mit der Einsicht trösten: Die Bilder sind technisch echt gut gemacht.

Sieben Beiträger zur Ausstellung

Das trifft in Einzelaspekten auf alle sieben Ausstellungsbeiträger zu. Porzner scharte zwar keine Riesentalente im herkömmlichen Sinn um sich, aber ein halbes Dutzend Leute, die - jeweils mit einem gewissen Etwas! - eine überwiegend figurative Malerei "3.0" betreiben. Außerdem sind sie in der Lage, theoretisch-kunstgeschichtlich voll ihren Mann zu stehen, wenn nicht aus eigenen Stücken, so spätestens angeregt oder gecoacht durch Hans-Peter Porzner. So haben wir es tatsächlich mit einer Künstlergruppe zu tun, deren avancierter Sprecher Steven van Heeck denn auch ohne zu fackeln mit einem Namen für ihr gemeinsames Ansinnen herausrückt: Mainfränkischer Expressionismus.

Galerie-Inhaber van Heeck zitiert in seinen Comic-Gemälden oft Mythologie und Geschichte. Er versieht meist den Besucherservice und kann selbstverständlich die gut 20 Exponate erklären. Besonders interessierten Besuchern zeigt er gern weitere Mainfränkische Expressionismen, die in drei Aktenordnern auf einem Hochbord lagern. Außer den Genannten stellen Sieghart Böhme, C.-M. Eichhorn, Joe Gudole und Christian Hummel aus.